Sonntag, 15. April 2012

Anonymous - Gefahr als Bewegung

Viele Menschen interessieren sich für Anonymous. Der Begriff, der seit einigen Wochen, fast täglich in den Medien auftaucht und nicht zuletzt durch die Occupy-Bewegung in den USA und Deutschland  eine enorm starke Nachfrage erfährt, wird teilweise sogar bis zum Kultstatus hochstilisiert. Doch auch immer mehr Stimmen werden laut, die Anonymous nicht für eine freie Bewegung sondern für eine Gefahr für jeden Rechtsstaat und letztlich für jeden Menschen halten. Was ist daran dran?



Anonymous - Ist es eine Bewegung oder eine Gefahr? 

Oder gar eine Gefahr in Bewegung? 


Der Slogan:

"We are Legion. We do not forgive. We do not forget. Expect us!" prankt von den Plakaten und Bannern von Anonymous. Zu deutsch: Wir sind viele. Wir vergeben nicht. Wir vergessen nicht. Erwarte uns!." Eine, von Guy Fawkes, entworfene Maske wurde das Symbol des Internetkollektivs Anonymous. Der Zulauf der Gruppe, begrenzen wir es mal an dieser Stelle auf die Interessenten an der Gruppe, ist gewaltig.

Für viele ist Anonymous das Sinnbild für Datenfreiheit, Aufhebung von Urheberrechtsbeschränkungen, anonymer Bewegung im Internet und Kampf gegen Behördenwillkür und auch gegen die Scientology-Sekte. So sind eigentlich auch die meist publizierten Ziele von Anonymous zu lesen.
Doch eigentlich steckt noch viel mehr dahinter und in meinen Augen kann Anonymous sogar eine Gefahr werden.

Anonymous veröffentlichte kürzlich aber zur verbesserten Aufklärung auf Facebook folgenden Post, der mich sehr in meiner Auffassung bestätigt, dass Anonymous eher eine Gefahr als eine Bewegung ist. Ich zitiere hier mal den Post mit gekürzten, unwichtigen Sätzen.
Dennoch solltet ihr euch über ein paar Grundlagen im Klaren sein:

1) Anonymous is not your Friend.
Anonymous ist nicht dein Freund. Erwarte keine Unterstützung, erwarte keine "Hilfe", erwarte keine Freunde.

2) Anonymous is Anonymous.
Das heißt: Es gibt keine Namen - Halte dich daran.
Einen Klarnamen in Profil zu haben bedeutet angreifbar zu sein.
Klarnamen bieten den ersten Ansatz um eure Privatdaten herauszukriegen ("doxen" nennt man das). Und aus Privatnamen kann man ganz schnell ein Ruin-Life Paket stricken.
...
3) Anonymous has no Face
Ähnliches wie bei 2) Realprofilbilder führen zu ählichen Ergebnissen.

4) Anonymous has Enemies
In vielen Ländern gelten wir als Terroristische Vereinigung. Die Polizei ermittelt in vielen Fällen.
Auch Interpol ist mit von der Partie.Scientology ist ein mächtiger Gegner.

Seid euch darüber klar, dass euer gegenüber einer von diesen Feinden sein kann.
Verratet nichts über euch oder über andere Anons. Verbergt eure Identität gut.

5) ...

Schaltet die Facebook Apps ab.
Aha! Und nun? Schlauer geworden? Dieser Post und der Slogan zusammen sind irgendwie eine Kriegserklärung. Natürlich haben sie Recht, wenn Sie sagen, dass allzu große Freizügigkeit im Netz Gefahren birgt und es möglich ist, jemanden in Misskredit zu bringen. Meine Meinung über Netzwerke ist inzwischen hinlänglich bekannt. Mehr als einmal habe ich an anderen Stellen beweisen können, dass sich viel Mist im Internet befindet und fast jeder anfällig ist.  Aber bei so panischer Anonymisierung von Accounts und Internetverhalten, wie Anonymous es fordert, ist es für diese Shizophrenen wohl eher besser, den Computer gleich gar nicht mit dem Internet verbinden. Wer nicht drin ist, dem kann auch nichts passieren.

Doch was bringt die Anonymisierung wirklich? Sie bringt Gefahr. Gefahr für alle!
Vorweg: Ich benutze Linux-Computer. Ich könnte leicht in verschlüsselten WLANs von Nachbarn surfen, Computer ausspähen,  Profile anonym erstellen und einiges mehr. Mein Verständnis geht über das pure "Wie-schalte-ich-den-Computer-ein" weit hinaus.  Der Name des Rechners ist in weniger als 2 Minuten geändert. IP und Mac-Adressierung auch. Das hat aber mit Hacken nichts zu tun. Eher mit Scriptkiddy-Technologie. Nicht mehr und nicht weniger. Auch wenn der Zugriff auf fremde Computer oder Mailfächer so auch ganz einfach möglich wäre. Google ist Dein Freund.

Doch wenn Anonymous weiter so einen Hype erfährt, kann es durchaus gefährlich für alle werden. Was wäre denn, wenn alle anonym im Netz unterwegs sind, wenn es keine Schranken und Codes mehr gäbe? Ich würde meine Telefon- und Internetanschlüsse kündigen. Brauch ich ja nicht mehr. Nachbarn haben ja welches. Doch wenn niemand mehr Klarnamen benutzt, ist er auch nicht mehr zu finden. Wie kommuniziert man dann noch miteinander? Wenn zusätzlich ein Klarnamen-Profil existiert macht die Anonymisierung doch auch keinen Sinn. Wenn ich mir Videos bei Youtube ansehen und downloaden kann, die für den deutschen Markt nicht freigegeben sind (Ich kann. :-) ), macht es doch keinen Sinn, sich das Album erst ganz zu kaufen. Fast von jedem Album gibt es alle Tracks auch in guter Qualität im Videoportal. Oder der Eingriff in die Politik. Ein langwieriges Thema an dem sich auch Anonymous beteiligt. Doch während auf der einen Seite als Unterstützer von unbequemen Politikern gekämpft wird, werden auf der anderen Seite Informationen auf verbotenen Wegen beschafft. Und auch hier ist es wie bei Wikileaks. Sie veröffentlichen Informationen, doch einige sind nicht für den "normalen" Menschen gedacht, denn DER NORMALE MENSCH KANN MIT MANCHEN INFORMATIONEN GAR NICHT UMGEHEN!

Wenn man sich anonym im Netz bewegen soll, anonyme Webseiten anlegen kann und Datenpakete über "gesicherte" Netze nicht nachverfolgbar sind: IST DIESE BEWEGUNG NICHT DIE IDEALE SPIELWIESE FÜR VERBRECHER?
Ist diese Art der Bewegung im Netz nicht Nährboden für Kinderschänder, Drogendealer und andere Kriminelle Personen? Untergraben wir damit nicht die Justiz und Strafverfolgungsbehörden? Schädigen wir damit nicht ganze Industriezweige und sägen auf dem Ast auf dem wir vielleicht sitzen?

Anonymous: Wollt ihr das wirklich?

Fake-Mails? Tolle Sache, doch genau solche Mails landen bei mir ungelesen im Spam-Ordner.
Proxy-Server und Tor-Netzwerk? War vor Jahren eine gute Idee, doch die meisten Proxy-Server sind nicht sicher und nicht selten auch geleakt oder gehijackt. In den USA betreibt jeder kleine Dorfspolizist einen Proxy-Server und Musikindustrie und Staat haben ein ganzes Netzwerk aufgebaut. Glaubt irgendwer da eigentlich noch wirklich daran, dass es anonym ist? Das Tor-Netzwerk ist eine Alternative, doch es ist noch nicht schnell genug. Zudem muss der User seine Gewohnheiten etwas  umstellen. Man soll keine Bewegungsprofile freigeben und auch nichts mit Ort und Zeitangaben schreiben. Ist ja irgendwo auch richtig. Ja, liebes Anonymous-Team. Doch auch hier gilt wie überall: In Maßen.  

Wer Anonymous öffentlich gut findet, begibt sich sogar noch selbst in Gefahr, in die Fadenkreuze von Fahndern zu gelangen. Zudem gibt er Anonymous ein Gesicht und man ist plötzlich gar nicht mehr so anonym. Richtig Supi. Ich finde Anonymous gut und wenn die Fahnder kommen weil sie mir einen Verdacht unterstellen - als Staatsbehörde den sogar leicht fälschen können - finden sie Linux-Rechner mit den entsprechenden Tools. Aber bitte. Ganz so blöd bin ich dann doch nicht.

Man kann sich auf einfache Weise relativ gut im Netz schützen und abschotten. Wenn man aber, beruflich bedingt, gefunden werden muss, ist noch mehr Vorsicht geboten. Doch auch hier gibt es einfachere Mittel und Wege als Proxy-Verbindungen und Tor-Netzwerke. Anonymous gut zu finden bedeutet auch, sich darüber im Klaren zu sein, wie Anonymous arbeitet und welche Gefahren entstehen können. Wenn im Namen von Anonymous Visa- und MasterCard gehackt wird und auch meine Karten betroffen sind, wenn mein Apple-Account leergeräumt wird oder mein Paypal-Konto... kann ich da Anonymous gut finden? Eher nicht.

Also bitte etwas Vorsicht vor Hypes und Gruppen, die sich offiziell für die Freiheit und Demokratie und das Gute auf der Welt einsetzen wollen. Oft steckt noch viel mehr dahinter und das was dahintersteht gefällt nicht jedem.
Und oft ist es auch nur ein schmaler Grat zwischen Freiheit und Kriminalität.