Dienstag, 10. Juli 2012

Firefox OS - Totgeburt eines neuen Mobilsystems?

Die Mozilla-Foundation, bekannt geworden, durch den größten Konkurrent des Internet-Explores für Desktop- und Notbook-Computer veröffentlichte nunmehr erste Handouts des Mozilla OS für Smartphones als Kampfansage zu Android und iOS.  Hat es eine Chance auf dem Markt, oder kann die offene Community hinter Mozilla den großen Drei das Wasser reichen?


Mozillas Kampfansage an iOS und Android - Mozilla OS



Was OpenSource ist, wird die Menschheit in dieser und in der nächsten Generation wohl nicht verstehen, aber als Ansatz dazu, hier nochmal die Kurzfassung: Eine Gemeinschaft kümmert sich unentgeltlich und freiwillig darum, Dinge, die es sonst zu hohen Preisen gibt, preiswerter bis kostenlos nachzuerstellen. Meistens betrifft das die Computerbranche im Bereich Software, gilt aber auch für den RealLife-Bereich. Auch soziales Engagement im Altenheim oder in der Kindertafel könnte man in gewisser Weise auch als OpenSource sehen. Zumindest aber als Arbeit für die Gemeinschaft.

Die Firefox-Foundation sollte dem geneigten Leser durchaus durch den Internet-Browser Firefox und den E-Mail-Client Thunderbird bekannt sein. Hier baut eine Gemeinschaft ständig an der Erweiterung und Verbesserung, sowie der Anpassung des Browsers an aktuelle Webstandards. Nicht selten kommen aus sogenannten OpenSource-Arbeiten auch Innovationen, welche dann später in kommerziellen Software-Programmen ebenfalls Anwendung finden. Ein Beispiel wäre das Mulit-Tab-Browsing, welches sich erst lange nach der Einführung in Firefox oder Chrome (ebenfalls ein OpenSource-Projekt) auch in MS oder Safari eingeführt wurden.
Oft steht eine große Firma hinter dem Communityprojekt, welche dann die Vermarktung und den Support und natürlich die Koordination der neueren Versionen übernehmen. So weit so gut.

Nunmehr ging die Foundation mit MeeGoo (ebenfalls ein OpenSource-Projekt für mobile Geräte) eine Kooperation ein, welche ein neues, mobiles Betriebssystem zur Welt brachte. Unter dem Namen Firefox OS soll es eine Alternative zu iOS und Android sein, kostengünstiger und flexibler als Android sein und vorerst, in Zusammenarbeit mit Telefonica O2, in Märkten ohne hohen Smartphoneanteil Fuß fassen. Doch hat es wirklich eine Chance auf dem Markt?

Ganz ehrlich, glaube ich das nicht. Der Grund dazu ist einfach und gar nicht mal von mir. Marc Shuttleworth, CEO von Canonical und Vertreiber des OpenSource-Betriebssystems Ubuntu sagte kürzlich, auf die Frage zum Entwicklungsstand von Ubuntu mobile:
Die Entwicklung eines Betriebssystems für Mobilfunkgeräte oder die Implementierung eines bestehendes auf mobile Devices ist derzeitig ein Tanz auf einem Minenfeld.  Patentfallen und unterschiedlichste Systemvoraussetzungen warten an jeder Ecke, um sich als Hindernis für die Entwicklung darzustellen.
Recht hat er, der Herr Shuttleworth und das obige Video gibt ihm dort auch die Bestätigung: "Slide to unlock" - Klasse. Ein Patent von Appel und die Nadelstreifen in Cupertino freuen sich schon. Gleiches gilt dann auch für andere Elementarpatente, wie die Übertragung und Anzeige von Elektronischer Post (E-Mails) auf mobilen Endgeräten usw. Alleine in dem Video sehe ich - wohlgemerkt als Techblogger und dennoch als Laie - mehr als 6 Patentverstöße, mit denen sich die Mozilla-Foundation demnächst wohl vor Patentgerichten auseinanderzusetzen hat.

Telefonica O2 und die Foundation wollen das System vorerst in Südamerika einführen. Grund dafür ist die Tatsache, dass Südamerikaner nicht so smartphonebegeisterte Menschen sind und hier Potenzial besteht. Der Handymarkt ist nicht so hart umkämpft und mehr als 80% aller Mobiltelefone dort haben Europäer und Amerikaner schon vor 5 bis 10 Jahren wegen "Nicht-mehr-up-to-date" entsorgt. Grund genug also, sich genau den Markt vorzuknöpfen und mit einem billigen und (hoffentlich nicht auch) billig gemachten, Smartphone die Einwohner von Brasilien, Peru oder Equador an Touchdisplays heranzuführen.

Sieht man sich Statistiken über die Marktverteilung der Smartphone-Betriebssysteme in Europa an, wird man unweigerlich feststellen, dass Android von Google hier (wie in Deutschland) die Nase vorn hat. Danach folgt eine ganze Weile gar nichts und dann iOS von Apple und Nokias altes und abgelegtes Symbian S60. Selbst Microsoft kommt mit Windows mobile dort noch nicht heran, ist aber auf einem guten, aber sehr schweren Weg. Ich bin allerdings auch davon überzeugt, dass sich das System aus Redmond nicht weiter ausbreiten wird. Der künstliche Hype nach mobilen Obst ist einfach zu groß und lockt hier täglich hunderte Neu-User an. Alle anderen Varianten sind faktisch kaum noch da. Vorbei sind die Zeiten, guter Java-Handys oder UIQ3 oder sonstigem. 

Für dieses Projekt stehen Mozilla allerdings nicht nur Telefonica O2, sondern auch andere Netzanbieter zur Verfügung. Die Provider versprechen sich dadurch natürlich Marktanteile in den Ländern Südamerikas und vielleicht auch Afrikas. Neugeschäft lässt sich damit garantiert generieren und Uneigennützigkeit kann man Telefonanbietern ja schon lange kaum noch vorwerfen.

Eine Chance wird das System trotzdem wohl nicht haben und was kümmert es Europäer, ob die Südamerikaner mit 100$-Geräten telefonieren oder nicht. Dazu sind wir viel zu süchtig nach News und Tech-Specs geworden und noch immer gilt hier auch die alte Weisheit: "Was nichts kostet, ist auch nichts." Also eher keine Gefahr für Google, Apple & Co.

Sehen wir mal, wohin das OS sich selbst führt.

//O.F.